Forschungsprogramm "Krebsimmuntherapie"

(Cancer Immunotherapy, CI)

Langfristiges Ziel des DKTK Programms Krebsimmuntherapie ist es, Krebserkrankungen mit Hilfe der Kraft des Immunsystems zu bekämpfen. Neben der Weiterentwicklung von Checkpoint-Inhibitoren konzentriert sich das Programm Krebsimmuntherapie daher auch auf die Weiterentwicklung immuntherapeutischer Ansätze mit Impfstoffen, Zelltherapien und Tumorantigen-spezifischen Antikörpern.

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Dass das Immunsystem in der Lage ist, Tumoren zu zerstören gilt mittlerweile als anerkannte Tatsache. Genau hier setzen die vier Säulen des DKTK Programms Immuntherapie an:

• Moderne Tumorimpfstoffe
• Neue Therapeutische Antikörper
• Moderne zelluläre Therapeutika
• Kombinatorische Immunmodulation

Die für Patient:innen wichtigste Neuentwicklung der Onkologie des letzten Jahrzehnts ist der Einzug der Immuntherapie in die klinische Praxis. Erstmalig in der Geschichte der Onkologie können durch den Einsatz sog. „Immuncheckpoint-Inhibitoren“ bei Patient:innen mit bisher unheilbaren Tumorerkrankungen auch dauerhafte Remissionen im Sinne von Heilungen erreicht werden. Phase III Studien haben bei einigen Tumorentitäten gezeigt, dass die Immuntherapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren einer konventionellen Chemotherapie überlegen sein kann. Dies führte zu ersten Zulassungen dieser Medikamente für die Behandlung von Patient:innen mit metastasiertem Malignen Melanom und Lungenkrebs.

Zwischen der Anzahl von Mutationen im Tumorgenom und der Wirkung von Checkpoint-Inhibitoren besteht ein enger Zusammenhang. Ergebnisse aus der klinischen Praxis und molekularen Analysen machen jedoch deutlich, dass nicht nur die Mutationsrate, sondern auch die Art der Mutation über den Erfolg einer Therapie entscheiden. Sogenannte Neoantigene, also tumorspezifische Mutation, die sich besonders als Zielstruktur für eine Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren eignen, sind dabei jedoch eher die Ausnahme. Von einer ausschließlichen Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren profitieren daher nur wenige Patient:innen und meist werden Kombinationstherapien notwendig

Neben der Weiterentwicklung von Checkpoint-Inhibitoren konzentriert sich das Programm Krebsimmuntherapie daher auch auf die Weiterentwicklung immuntherapeutischer Ansätze mit Impfstoffen, Zelltherapien und Tumorantigen-spezifischen Antikörpern.

Impfstoffe gegen Krebs

Werden im Tumor der Patient:innen ein oder mehr Neoantigene gefunden, sind individuelle Impfstoffe mit Peptiden oder RNAs eine vielversprechende Strategie für eine effektive Therapie. Sie basieren auf einem ähnlichen Prinzip, wie die Checkpoint-Inhibitoren, sind jedoch ohne die toxischen Nebenwirkungen. Bei Patient:innen, deren Tumoren keine Neoantigene aufweisen, können Wissenschaftler auf eine große Auswahl an gut geeigneten, weitestgehend tumor-spezifischen Antigen-Epitopen der Keimbahn für die Impfstoffentwicklung zurückgreifen. Diese eignen sich vor allem für Patient:innen, bei denen noch eine minimalen Resterkrankung vorliegt. Bei Patient:innen mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen sind Immuntherapien mit Rezeptor-modifizierten T-Zellen (TCR und chimäre Antigen Rezeptor, CAR) oder mit Hilfe von Antikörpern gegen tumorassoziierte Oberflächenantigene besonders vielversprechend. Für die Produktion von Antiköpern und Peptid-Impfstoffen in klinischer Qualität wurde im DKTK eine neue GMP-Einheit aufgebaut.

Biomarker in der Immuntherapie

Die Immunantwort der Patient:innen besteht jedoch aus komplexen Wechselwirkungen verschiedener Immunzellsubtypen, die über eine Vielzahl regulatorische Zellen gesteuert und durch Tumor-bedingte Störfeuer behindert werden. Das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Immunsystem, Tumorstroma und Tumor setzt voraus, dass alle beteiligten Zelltypen charakterisiert, quantifiziert, ihre räumliche Aufteilung erfasst und die Interaktionen zwischen den verschiedenen Zelltypen gemessen werden. Für eine differenzierte Diagnose müssen daher neue technologische Plattformen definiert und weiterentwickelt werden, die auf der Basis von von mikroskopischen, genetischen, molekularen und experimentellen Analysenhoch komplexe Biomarkerprofile erstellen, um den Erfolg definierter therapeutischer Interventionen vorhersagen zu können. Zum anderen wird es damit möglich, individuelle Therapiekonzepte für Patient:innen zu erstellen. Eine solche neue Diagnostikplattform wurde am DKTK Partner NCT erfolgreich entwickelt. Mittelfristig soll diese komplexe Diagnostik von individuellen Tumoren auf möglichst alle Tumorpatient:innen DKTK-weit ausgerollt werden.
 

Ausgewählte translationale Highlights

Präklinische Forschung:
1. Identifizierung von immunogenen Neo-Epitopen in Melanomen durch Massenspektrometrie (Bassani-Sternberg et al., Nature Commun 2016).

2. Nachweis, dass Melanome und andere Krebsarten häufig eine CDKN2A- und JAK2-Ko-Deletion aufweisen, was die Anfälligkeit für IFNγ-Resistenz erhöht und möglicherweise zu einer Resistenz gegen Immuntherapien führt (Horn et al., J Natl Cancer Inst 2018).

3. Entwicklung von XS15 (ein TLR2/1-Ligand) als vielversprechender Adjuvans-Kandidat für die Vakzinierung mit Tumorpeptiden (Rammensee et al., J Immunother Cancer 2019).

Klinische Studien:
4. Untersuchung eines Peptidimpfstoffs gegen die IDH1-Mutation bei Personen mit neu diagnostiziertem Gliom (NCT02454634; Platten et al., Nature 2021).

5. Forschende des DKTK haben an der Studie eines internationalen, von der EU finanzierten Konsortiums zur Entwicklung eines personalisierten Impfstoffs auf Peptidbasis mitgewirkt, das sowohl auf MS-definierten HLA-Tumorliganden als auch auf prognostizierten Neo-Epitopen für neu diagnostizierte Glioblastome basiert. (GAPVAC) (NCT02149225; Hilf et al., Nature 2019).

6. Erster Empfänger von TCR-genmodifizierten autologen T-Zellen in einer ersten klinischen Phase-I-Studie am Menschen zur Behandlung des rezidivierten/refraktären multiplen Myeloms.

7. Genehmigung einer ersten klinischen Phase-I-Studie bei AML-Patient:innen mit einem UniCAR-T-Zellprodukt in Kombination mit einem CD123-spezifischen Targeting-Modul (NCT04230265).

8. Die IMMUNED-Studie hat gezeigt, dass die kombinierte Blockade von PD-1 und CTLA-4 gegenüber der alleinigen PD-1-Blockade als adjuvante Behandlung bei Melanomen im Stadium IV ohne Krankheitsanzeichen überlegen ist (NCT02523313; Zimmer et al., Lancet 2020) - die translationale Aufarbeitung dieser Studie wird als DKTK Joint Funding UPGRADE-Projekt finanziert.

9. Veröffentlichung der ersten Ergebnisse der prospektiven, multizentrischen Beobachtungsstudie ALLogeneic Iron inVEstigators (ALLIVE), aus der hervorgeht, dass erhöhtes labiles Plasmaeisen (eLPI) ein möglicher biologischer Mediator der eisenbedingten Toxizität bei AML- und MDS-Patient:innen nach allogener hämatopoetischer Zelltransplantation ist (NCT01746147; Wermke et al., Lancet Haematol 2018).

10. Phase I-Studie mit einem optimierten bispezifischen PSMAxCD3-Antikörper, CC-1 genannt, der ausschließlich auf akademischer Ebene unter Beteiligung des Helmholtz-Validierungsfonds (HVF), des DKFZ und des DKTK entwickelt und GMP-produziert wurde. Die erste klinische Studie (NCT04104607), in der dieser Antikörper nach präemptiver Anwendung von Tocilizumab zur IL-6-Rezeptorblockade untersucht wird, um die unerwünschten Folgen des Zytokin-Release-Syndroms (CRS) zu verhindern, rekrutiert derzeit Patientinnen und Patienten mit Prostatakrebs.

11. Die iVAC-XS15-CLL01-Studie, die einen individuell auf die Patient:innen abgestimmten Peptidimpfstoff mit einem neuen Adjuvans bei CLL-Patienten unter Behandlung mit Ibrutinib kombiniert, begann im Dezember 2020. Parallel dazu begann im November 2020 eine First-in-Human-Studie mit XS15 zur Prävention einer COVID-19-Infektion bei Erwachsenen (pVAC, NCT04546841).

Gesamtprogramm-Koordinator

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Prof. Dr. Dr. Jürgen C. Becker

Abteilungsleiter - Partnerstandort Essen/Düsseldorf